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"DAS HÖRE ICH ZUM ERSTEN MAL!"

Transkript

(disclaimer: may contain unintentionally confusing, inaccurate and/or amusing transcription errors)

GEREON HERMKES:

Guten Morgen!
Einem Freund von mir ist folgendes passiert, und es hat sich gerade in den USA zugetragen, ein Mitarbeiter hat seinen Job nicht gemacht und wirklich nicht eine Kleinigkeit, sondern brutal, ist bei Meetings nicht gewesen, wirklich ganz schlimme Sache und mein Verdacht persönlich, obwohl ich nicht drinstecke, ist, dass diese Person mehrere Jobs gleichzeitig hatte, was durch die Online-Arbeit in Amerika jetzt anscheinend immer häufiger vorkommt.
Die Leute haben also mehrere Jobs gleichzeitig, das fällt durch die Art der Steuerabrechnung nicht auf und jonglieren dann die verschiedenen Jobs, bis es dann irgendwann knallt und dann suchen sie sich irgendwo was anderes wieder.
Wie auch immer, mein Freund hatte so einen Mitarbeiter, bei dem es nicht richtig geklappt hat und dann ist er zu seinem Chef gegangen und hat halt gesagt:
„Okay ich habe jetzt alles versucht, ich möchte den Mitarbeiter gerne entlassen.“
Was hat der Mitarbeiter gesagt?
Er hat gesagt: „Das höre ich zum ersten Mal.“
Und genau auf diesen Satz möchte ich einmal eingehen, weil ich den echt faszinierend finde, denn ich habe dann auch schon ein paar Mal gehört.
Jetzt nicht unbedingt in Bezug auf mich, aber man hört ihn halt immer wieder.
Und da fällt mir folgendes zu ein:
Das erste ist, es gibt natürlich wirklich Situationen, wo man mit den Leuten hätte reden müssen, mal etwas sagen müssen, und das kommt jetzt einfach komplett von der Seite rein, die sind komplett „blindsided“, ja die haben damit überhaupt nicht gerechnet und es ist wirklich unfair, also man hatte nie eine Chance irgendwie mal eine Kritik zu bekommen und sein Verhalten zu ändern und dann kommt sowas wie eine Kündigung.
Und diese Fälle gibt es auf jeden Fall und das kann teilweise auch in den Bereich Mobbing reingehen, aber ich würde behaupten, dass das inzwischen gar nicht mehr die Mehrheit der Fälle ist, sondern es passiert eigentlich was anderes, nämlich Leute benutzen diesen Satz, „das ist das erste Mal, dass ich davon gehört habe“, als Verteidigung, und ich würde sagen, dass es eine relativ unfaire Verteidigung ist, denn in diesem konkreten Fall war mein Freund, der in dieser Situation war, der diesen Mitarbeiter entlassen wollte, vorbereitet und hatte entsprechend schon genau protokolliert, wann er mit der Person wie gesprochen hat, wer die Zeugen dabei waren, weil er nämlich wahrscheinlich sowas schon geahnt hat und konnte das dann genauso vorweisen und sagen: „Ne, warte mal Freundchen, das ist hier kein Mobbing, du hattest wohl eine Chance auf diese Kritik zu reagieren, hier, hier, hier, hier, und hier wurde das angesprochen, da waren andere Leute dabei, es ist protokolliert, hier sind die E-Mails, und so weiter.
Das, was du erzählst ist Quatsch!“
Und da will ich genau auch auf den Punkt kommen, stellt euch mal vor, ihr fahrt mit 80 durch eine 30er Zone, ja die Polizei hält euch an und der Polizist sagt: „Es gibt jetzt aber einen saftigen Strafzettel, das hat jetzt Konsequenzen.“
Und ihr sagt: „Das ist das erste Mal, dass ich davon höre.“
Der Polizist, der wird darüber lachen, ja weil es doch klar ist, also ob ihr schon mal davon gehört habt oder nicht, dass man in einer 30er Zone nicht 80 fahren darf, ist völlig irrelevant und es wird den Polizisten überhaupt nicht jucken, denn es gibt einen gewissen Level an Regeln, an Sozialisierung, die man einfach als vorausgesetzt erwarten kann. Das bedeutet, wenn ihr einen Führerschein habt, müsst ihr wissen, dass ihr in der 30er Zone nicht 80 fahren dürft.
Wenn ihr irgendwo arbeitet, solltet ihr so arbeitstechnisch sozialisiert sein, dass ihr wisst, dass ihr zu Meetings zum Beispiel kommen müsst oder die absagen müsst und so weiter, und so weiter.
Und ich war ja nicht dabei, ich weiß jetzt nicht, was im Detail alles genau vorgefallen ist, aber dieses: „Das höre ich zum ersten Mal“, das hat manchmal sehr begründete Situation, weil einem niemand was gesagt hat, aber ganz oft wird das halt auch als, würde ich sagen, unfaire Verteidigung benutzt.
Denn was passiert mir eigentlich? Hier passiert eigentlich eine Umkehr der Täter – Opferbeziehung.
Ja wenn ich mit 80 durch die 30er Zone fahre, dann bin ich der Täter, dann bin ich der Schuldige in dieser Situation und dieses, „das höre ich zum ersten Mal“, damit versuch ich ja eigentlich die Schuld von mir wegzuweisen und das auf die andere Person, zum Beispiel auf den Polizisten, und hier sehen wir, dass es überhaupt keinen Sinn macht, auf den Polizisten oder auf den Manager umzumünzen, der dann eigentlich der Schuldige ist, weil er es wagt, mich damit anzusprechen.
Und deswegen wollte ich das hier einmal aufwerfen, dass ihr das mal gehört habt, wenn ihr
diesen Satz hört, dann solltet ihr meiner Meinung nach folgendes tun:
Erstmal überlegen, ist es nicht begründet, weil es kann wirklich sein, man denkt, man hat das oft genug gesagt und die andere Person hat das noch nie gehört, weil da muss man echt vorsichtig sein, die Leute brauchen ja eine Chance ihr Verhalten anzupassen.
Gleichzeitig aber auch aufzupassen, dass es halt immer so als Vorwärtsverteidigung benutzt wird und sich darauf nicht einzulassen.
Und im Idealfall habt ihr es genau wie mein Freund gemacht, ihr habt das entsprechend protokolliert, dass ihr dann sagen könnt:
„Moment einmal, also so kann es nicht sein, hier hier, hier, hier, sind die Fälle da und dass du allein diese Art von Verteidigung benutzt, zeigt eigentlich, dass du hier nicht reinpasst.
Denn offensichtlich stimmt das ja nicht, dass du das jetzt gerade zum ersten Mal hörst.“
So viel dazu, zu diesem Thema.
Habt einen wunderbaren Tag und bis bald!